Größte Verwunderung löst bei AK-Präsident Hubert Hämmerle die heutige Stellungnahme von Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink zur Fusion der Krankenkassen aus, die sich mittlerweile wie vom Rechnungshof bestätigt zur veritablen Pleite entwickelt hat. „Wenn die Statthalterin heute behauptet, die Landesregierung sei stets gegen eine Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen gewesen, dann ist das einfach eine Verdrehung der Tatsachen“, ärgert sich Hämmerle. Im Gegenteil habe die Landesregierung die Kassenreform wiederholt verteidigt.
So ließ die Regierung im Rahmen der Diskussion um die Zusammenlegung per Aussendung wissen, dass für die negative Sichtweise der Arbeiterkammer jegliche Grundlage fehlt. Sämtliche Warnungen und Bedenken vor einem zentralistischen Moloch wurden in den Wind geschlagen. Das Land glaubte damals den Beteuerungen der Bundesregierung, die Länderkassen würden die Finanzhoheit behalten und aus einer Verwaltungsmilliarde werde eine Patientenmilliarde werden. Deshalb unterstütze man die Bundesregierung dabei, die Anzahl der Sozialversicherungsträger auf maximal fünf zu reduzieren und alle GKK’s zusammenzulegen. Und die Landesregierung ging sogar davon aus, dass sich die Vorarlberger Kasse künftig acht Millionen Euro sparen werde, die derzeit noch auf den Ausgleichsfonds auf Bundesebene abzuführen sei.
„Wir haben damals für unsere Proteste gegen die Fusion neben Zustimmung in der Bevölkerung auch viel Kritik der Regierung einstecken müssen“, erinnert der AK-Präsident, denn die Befürworter hätten stets behauptet der AK gehe es nur um den eigenen Machtverlust. Den hat es für die Arbeitnehmer tatsächlich gegeben, das war ja auch das Ziel der ganzen Prozedur. Und die Landesregierung hat das türkis-blaue Projekt stets unterstützt. „Das von uns vorgeschlagene Projekt eines Landesgesundheitszentrums, bei dem alle Bürger eines Landes, egal ob Arbeitnehmer, Bauern, Unternehmer, versichert gewesen wären, wurde vom Landtag zwar einstimmig unterstützt, von der Regierung aber schließlich für das türkis-blaue Prestigeprojekt geopfert“, so Hämmerle. Jetzt so zu tun, als ob das Land stets gegen eine Zusammenlegung gewesen wäre, sei gelinge gesagt, unverfroren und eine Verdrehung der Tatsachen.
„Die derzeit hauptsächlich durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine – nicht zuletzt in dessen Windschatten auch durch Spekulationen – verursachten Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel, erfordern klare staatliche Maßnahmen zum Schutz der arbeitenden Menschen und Pensionisten“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle. Erforderlich sei ein Bündel von Maßnahmen: Von temporären Senkungen der Mineralölsteuer bis hin zu staatlichen Preisregelungen. „Gerade im Energiebereich wäre das Aussetzen der Liberalisierung für einen beschränkten Zeitraum wichtig, um sich nicht gänzlich den Spekulanten an der Strombörse auszuliefern“, erklärt der AK-Präsident.
Immer mehr Menschen drohen in die Armut abzugleiten, wenn der Staat nicht gegensteuert, befürchtet Hämmerle. Obwohl noch kein Liter weniger Rohöl gefördert oder Gas geliefert wurden, sind die Preise explodiert und führen in der Folge auch zu einer massiven Preissteigerung bei Lebensmitteln und Wohnen. Hämmerle: „Im Windschatten der Energiepreissteigerungen langen viele Branchen zu und erhöhen die Preise weit über das kostenmäßig notwendige Niveau hinaus. Besonders betroffen davon sind arbeitende Menschen mit niedrigen Einkommen und insbesondere jene, die auf das Auto angewiesen sind.“ Ihnen würde es helfen, wenn die Mineralölsteuer deutlich gesenkt und die Pendlerpauschale erhöht würde. Besondere Sorgen machen dem AK-Präsidenten die Bezieher niedriger Einkommen. Für diese Gruppe von Arbeitnehmern und Pensionisten wäre eine Verdoppelung des Klimabonus weitaus zielführender und hilfreicher, als die von einigen Politikern geforderte Senkung der Mehrwertsteuer.
Wohnen ist zum Luxus geworden
Nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine sind die Kosten für das Wohnen in Vorarlberg außergewöhnlich stark angestiegen. In diesem Bereich könnte und müsste das Land Vorarlberg gegensteuern. Tatsächlich aber wird einfach zur Kenntnis genommen, dass aus dem ehemaligen Land der Eigentümer ein Land der Mieter wird und selbst die Kosten für Letzteres ist für viele Menschen bereits kaum mehr leistbar. Angesichts der Teuerungswelle fordert die AK Vorarlberg eine Aussetzung aller Gebührenerhöhungen im Jahr 2022 und eine deutliche Anhebung des Heizkostenzuschusses im Herbst dieses Jahres.
Arbeitnehmereinkommen endlich ordentlich erhöhen
Eine deutliche Erhöhung der Erwerbseinkommen wäre die nachhaltigste und zielführendste Maßnahme gegen die Auswirkungen der teils spekulativen Preiserhöhungen der letzten Monate. Auch in diesem Bereich könnten das Land als größter Arbeitgeber und die Vorarlberger Betriebe einen wesentlichen Beitrag leisten und sich ausnahmsweise einmal mit den von der Teuerung besonders betroffenen Arbeitnehmern solidarisch zeigen. So wäre die Einführung eines Mindestlohnes von netto 1.700 Euro für eine Vollzeitstelle nach Ansicht von AK Präsident Hubert Hämmerle jetzt mehr als angebracht und jedenfalls ökonomisch sinnvoller als die Forderung nach Steuersenkungen. Gerade in Krisenzeiten und vor den anstehenden Herausforderungen des Klimawandels braucht es nach Ansicht der Vorarlberger Arbeiterkammer einen starken Staat mit halbwegs gesunden Finanzen, damit aus der notwendigen Transformation der industriell- gewerblichen Produktion in Richtung Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung kein soziales Desaster entsteht.
Wo stehen die Hauptakteure des Vorarlberger Wirtschaftserfolgs, nämlich die arbeitenden Menschen? Welchen Anteil am Erfolg haben sie und wie sieht es mit ihrer sozialen Situation aus? Was gilt es in den nächsten Jahren bei Themen wie Arbeit, Verteilungsgerechtigkeit, Kinderbetreuung, leistbarem Wohnen, oder Bildung zu tun? Antwort auf diese Fragen gibt das aktuelle Standort-Rating der AK Vorarlberg, bei dem das Augenmerk auch auf die Auswirkungen der Corona-Krise gerichtet wurde. „Der Standort Vorarlberg darf von der Landespolitik nicht auf die Sicht der Unternehmen reduziert werden – vielmehr müssen die arbeitenden Menschen im Mittelpunkt stehen“, fordert AK-Präsident Hubert Hämmerle, der unter anderem auf ein Ende der Lohnzurückhaltung, einen Mindestlohn von 1.700 Euro netto oder den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung pocht.
„Geratet“ wird in Wirtschaftskreisen fast alles: Standorte, Unternehmenserfolge, Nachhaltigkeit, Länder, Immobilien oder Märkte. Unberücksichtigt bleiben meist die Hauptakteure des wirtschaftlichen Erfolgs – die arbeitenden Menschen. „Fachkräftemangel, Armutsgefährdung, Arbeitslosigkeit oder leistbares Wohnen werden sich allein mit steigenden Gewinnen und Wirtschaftswachstum nicht bewältigen lassen“, ist AK-Präsident Hubert Hämmerle überzeugt, der darauf verweist, dass die Verteilung von Lohneinkommen und unternehmerischen Gewinnen im Ländle seit Jahren ungleicher als in anderen Bundesländern ist. Gerade einmal 46 Cent pro erwirtschaftetem Euro fließen hierzulande in Lohneinkommen. In Wien sind es knapp über 50 Cent, im Österreichschnitt immerhin 48,5. „Das zeigt, dass den wirtschaftlichen Zusatzgewinn der letzten 20 Jahren großteils die Unternehmer und Kapitaleigner eingestreift haben. In Anbetracht der herausragenden Stundenproduktivität (erster Platz im Bundesländervergleich!) des Standorts Vorarlberg von knapp 52 Euro realem Bruttoregionalprodukt pro Stunde, haben sich die Beschäftigten einen fairen Anteil am Wachstum verdient.
Die Lohnzurückhaltung der letzten Jahre hat in Österreich zu illustren Exporterfolgen geführt, weil dadurch zum Nachteil anderer Volkswirtschaften ein preislicher Wettbewerbsvorteil lukriert werden konnte. „Gleichzeitig führt eine niedrige Bruttolohnquote aber zu einem reduzierten Inlandskonsum, da den Menschen weniger Geld zum Leben bleibt“, gibt der AK-Präsident zu bedenken. Hämmerle fordert daher ein Ende der Lohnzurückhaltung und die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in der Höhe von 1.700 Euro netto.
„Brennglas“ Corona
Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt und vor allem die Menschen in längerer Arbeitslosigkeit schwer getroffen. Mehr als ein Viertel aller Arbeitslosen sind bereits länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Ende 2021 waren immer noch um 55 Prozent mehr Langzeitarbeitslose beim AMS gemeldet als vor der Krise. Während der Höhepunkt der gesamten Arbeitslosigkeit zu Beginn der Corona-Krise erreicht wurde, spitzt sich das strukturelle und langfristige Problem der Langzeitarbeitslosigkeit noch weiter zu. „Corona wirkt hier wie ein Brennglas. In Anbetracht dieser Tatsache fordern wir einmal mehr die Schaffung eines so genannten ChancenMarktes, der Langzeitarbeitslosen eine dauerhafte Beschäftigung bietet“, sagt Hämmerle.
Existenzsicherndes Arbeitslosengeld
Während Unternehmen in der Pandemie großzügige Hilfen und Entschädigungen erhielten, haben viele Arbeitnehmer:innen ihren Job verloren und sind dadurch auf fast die Hälfte ihres Einkommens zurückgefallen. Bedingt durch die hohen Lebenshaltungskosten in Vorarlberg reicht das für viele kaum zum Überleben. „Wir fordern deshalb schon seit langem eine Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70 Prozent“, sagt Hämmerle.
„Luxus“ Wohnen
Ungeachtet der durch die Covid-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Einbrüchen in Teilen der Wirtschaft hat die exportorientierte Sachgütererzeugung Vorarlbergs in den vergangenen zwei Jahren Redkordgewinne schreiben können. Das beweist, wie wettbewerbsfähig unsere Industrie- und Gewerbebetriebe sind. „Wer allerdings glaubt, dass dieses Faktum anerkannt und zu einer deutlich besseren Honorierung der hauptsächlichen Akteure dieses Erfolgs – der Arbeitnehmer:innen – beiträgt, irrt“, erklärt AK-Direktor Rainer Keckeis. Man müsse jedes Jahr hart um jedes Zehntelprozent Lohnerhöhung kämpfen.
Andererseits seien die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend damit konfrontiert, dass die Veranlagung von Unternehmensgewinnen in den Grundstücks- und Immobilienmarkt zu einer Preisexplosion am Wohnungsmarkt führt. „Die enorme Auseinanderentwicklung der Löhne und der Preise für das Wohnen führt heute dazu, dass der Eigentumserwerb für den ganz überwiegenden Teil der Vorarlberger Arbeitnehmer:innen verunmöglicht werden“, so Keckeis. Deshalb sei es dringend geboten, den Auswüchsen am Grundstücksmarkt einen Riegel vorzuschieben.
Denn die Realität stellt sich laut dem AK-Direktor folgendermaßen dar: Die durchschnittlichen Haus- und Wohnungspreise sind mit 66 bzw. 55 Prozent in den letzten fünf Jahren in keinem anderen Bundesland so stark gestiegen wie in Vorarlberg. Mietpreise sind nur in Salzburg höher und während der österreichweite Häuserpreisindex (HPI) seit 2010 um fast 80 Prozent gestiegen ist, sind die Bruttomedianeinkommen der Vorarlberger Beschäftigten seit 2010 lediglich um 30 Prozent gestiegen. Besonders dramatisch: Im Gesundheits- und Pflegebereich waren es nur 21,6 Prozent – bei einer Inflation von 20 Prozent!
Kinderbetreuung weiter ausbauen
Beim Thema Kinderbetreuung zeigt sich im Ländle eine durchaus positive Entwicklung, laut Direktor Keckeis braucht es aber auch hier weitere Anstrengungen, denn nur 46,6 Prozent der betreuten Kinder sind in einer Einrichtung die es den Eltern erlaubt, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2018 um mehr als 10 Prozentpunkte, bedeutet aber immer noch den erst fünften Platz im Bundesländervergleich.
Zukunftsthema Bildung
Im Jahr 2020 hatten immer noch 17,8 Prozent der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger im erwerbsfähigen Alter maximal einen Pflichtschulabschluss als höchste abgeschlossene Ausbildung. „Das ist der höchste Anteil im Bundesländervergleich und eine ernstzunehmende Herausforderung für die steigenden Ansprüche am Arbeitsmarkt“, ist Keckeis überzeugt. „Hochtechnologie und Digitalisierung erfordern lebenslanges Lernen und benötigen ein durchlässiges Bildungssystem, das den Weg von Lehre bis Studium ermöglicht.“
Pflegeengpass bekämpfen
Der Pflege- und Pflegepersonalbedarf in Vorarlberg steigt unaufhörlich. Rund 200 Pflegebetten im Land stehen leer, weil ausgebildetes Personal fehlt. Von 2019 auf 2020 sank der Pflegepersonalstand um 363 Personen – und er wird noch weiter sinken. „Unsere Forderung ist deshalb einfach: Entweder werden die erforderlichen Absolventenzahlen von Fachhochschulen und Pflegefachassistenz-Ausbildung erreicht, oder das bisherige Diplom-Ausbildungsmodell wird weitergeführt“, sagt der AK-Direktor. Zudem fordert Keckeis endlich die Umsetzung des AK-Modells für die Anstellung von pflegenden Angehörigen.
Arbeitsmarkt und Einkommen
• Gesetzlicher Mindestlohn von 1.700 Euro netto bei Vollzeit
• Ende der Lohnzurückhaltung – eine gewinn- und produktivitätsorientierte Lohnpolitik muss sich am mittelfristigen Wachstum der realen gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität und an der Teuerung der letzten Jahre orientieren (Benya-Formel)
• Existenzsicherndes Arbeitslosengeld – Erhöhung der Nettoersatzrate von jetzt 55 auf 70 Prozent
• Aufbau eines „ChancenMarkts“ (3. Arbeitsmarkt), der Langzeitarbeitslose nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Beschäftigung bringt
• Gerechtere Finanzierung der Arbeitslosenversicherung – Unternehmen die Beschäftigte beim AMS „Zwischenparken“ und dadurch hohe Kosten verursachen, sollen höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung leisten
Wohnen
• Neugestaltung der Wohnbauförderung – Aufwertung des gemeinnützigen Wohnbaus
• Umwidmungen besteuern – sozialen Wohnbau fördern
• Errichtung eines Bodenfonds durch das Land
Bildung
• Weiterbildung lebenslang fördern
• Mehr Lehrlinge in „Lehre mit Matura“ bringen
Beruf und Familie
• Proaktiver Ausbau der Kinderbetreuung
• Rahmengesetz für Kinderbildung und Kinderbetreuung
Pflege
• Personalengpass wirksam bekämpfen – Beibehaltung des bisherigen Ausbildungsmodells „DGKP“ bis die erforderlichen Absolventenzahlen von Fachhochschulen und Pflegefachassistenz-Ausbildung erreicht werden
• Umsetzung des AK-Modells „Anstellung von pflegenden Angehörigen“
Der Pflegebedarf und der Pflegepersonalbedarf im Ländle steigen unaufhörlich. Das bestätigen sämtliche einschlägige Studien und auch die aktuellen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Fast 100 Pflegebetten im Land stehen leer, weil jetzt schon rund 60 Vollzeit-Pflegekräfte fehlen. AK-Präsident Hubert Hämmerle fordert die Verantwortlichen auf, sofort entschieden zu handeln: „In Vorarlberg steht die künftige Ausbildungssituation insbesondere im Gehobenen Dienst und in der Pflegefachassistenz dem realen Bedarf an Pflegekräften diametral gegenüber. Trotz steigendem Bedarf sinkt das Pflegepersonal-Angebot.“ Hämmerle fordert, das bisherige Ausbildungsmodell „DGKP“ so lange weiterzuführen, bis die erforderlichen Absolventenzahlen von Fachhochschulen und Pflegefachassistenz-Ausbildung erreicht werden.
Befeuert wird der Pflegebedarf durch die Demografie, denn die Zahl der Über-75-jährigen steigt in Vorarlberg bis 2030 um 25 Prozent. Das ergibt einen Zusatzbedarf von 49 Prozent für Pflegeheimplätze und Hauskrankenpflege.
Der zusätzliche Bedarf an Pflegekräften resultiert aus der endlich beschlossenen Anhebung des Pflegeschlüssels, aber auch durch die anstehende „Pensionierungswelle“ (allein 180 Pflegekräfte im Jahr 2023). Zusätzlichen Druck auf die professionelle Pflege erzeugen die veränderten familiären Strukturen wie steigender beruflicher Erwerbsdruck, Single-Haushalte oder Wohnsituation. Die Differenz aus Personalbedarf minus Personalangebot erreicht 2028 den höchsten Wert – dann werden 400 qualifizierte Pflegekräfte im Ländle fehlen.
Höherer Bedarf – sinkendes Angebot
Derzeit steht die künftige Ausbildungssituation vor allem im gehobenen Dienst (Fachhochschule und DGKP) und in der Pflegefachassistenz (PFA) dem realen Bedarf diametral gegenüber: „Aktuell werden 150 bis 170 Pflegekräfte des Gehobenen Dienstes ausgebildet, dennoch bleiben viele Betten kalt. Und da ist der künftige Bedarf noch gar nicht berücksichtigt“, erklärt der AK-Präsident. Laut der Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz soll das bisherige dreijährige Krankenpflegediplom 2024 auslaufen. Ab dann ist nur noch das akademische Bachelor-Studium an der Fachhochschule vorgesehen. „Das bedeutet für Vorarlberg, dass ab 2024 nur noch 100 FH-Studienplätze zur Verfügung stehen und keine Diplomausbildungen an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen mehr angeboten würden“, so Hämmerle. Das wäre also ein Rückgang von 170 auf 100 Pflegekräfte des Gehobenen Dienstes. Aber auch das sind nur Planzahlen. „Tatsächlich haben im Herbst 2021 nur 71 Personen mit der FH-Ausbildung begonnen“, weiß der AK-Präsident.
Und auch die immer wieder ins Treffen geführte Verlagerung von Aufgaben des Gehobenen Dienstes hin zu Pflegefachangestellten ist eine sehr begrenzte Option. Dafür stehen einerseits viel zu wenige PFA-Ausbildungsplätze zur Verfügung, andererseits ist die Zahl der verschiebbaren Aufgaben sehr gering.
Was es ebenfalls zu bedenken gilt: Laut einer aktuellen AK-Studie denken ein Drittel der Pflegekräfte monatlich oder öfter an einen Berufsausstieg. Die Arbeitsbelastung hat sich in der Pandemie noch einmal deutlich erhöht. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Handlungsdruck für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Aktive Maßnahmen nötig
Im Regionalen Strukturplan Gesundheit/Pflege/Betreuung 2025 hat das Land Vorarlberg folgendes strategisches Ziel definiert: „Der angespannten Personalsituation wird entgegengewirkt. Ausbildungsplätze stehen ausreichend zur Verfügung und es gibt genügend Mitarbeiter:innen am Arbeitsmarkt.“ Die einschlägigen Prognosen und Fakten belegen jedoch, dass es aktiver Schritte bedarf, um diese Ziele zu erreichen und dem massiv steigenden Pflegebedarf gerecht zu werden. Diese Forderung wurde auch beim ersten AK-Pflegedialog von den anwesenden 64 Vorarlberger Expert:innen gestellt.
Die zentrale Forderung ist für Hämmerle klar: Entweder werden deutlich mehr FH-Studienplätze und PFA-Ausbildungsplätze angeboten oder das bisherige Ausbildungsmodelle „DGKP“ wird so lange weitergeführt, bis die erforderlichen FH- und PFA-Absolventenzahlen erreicht sind. Durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket muss aber auch gewährleistet werden, dass künftig genügend Bewerber:innen zur Verfügung stehen. Dazu gehören ein leichterer Einstieg für Nichtmaturant:innen in den Gehobenen Dienst ebenso wie Angebote für Quereinsteiger:innen, die Aufschulung von Assistenzpersonal oder ein asynchroner Start der Ausbildungen (Frühjahr und Herbst).
Was wurde bei der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) nur alles versprochen: Schlankere Strukturen, eine Patientenmilliarde und, und, und. Die tatsächliche Bilanz der Fusion ist hingegen ernüchternd: „Statt 99 Millionen an Einsparungen bei Personal- und Sachaufwand verursachten die neuen zentralen Führungsstrukturen eine Kostensteigerung von 67 Millionen Euro“, kritisiert AK-Präsident Hubert Hämmerle. „Die ÖGK entwickelt sich außerdem immer mehr zu einem trägen Verwaltungsmoloch in Wien, so wie wir es von Anfang an befürchtet haben.“
Für Hämmerle ist die versprochene Patientenmilliarde Geschichte: „Aber sie war von Anfang an nicht mehr als eine Überschrift, eine Schlagzeile, halt das bekannte Regierungs-Marketing!“ Das was wirklich funktioniert hat, ist die von türkis-blau angepeilte Machtverschiebung in der ÖGK. „Die Arbeitnehmerseite wurde in der Selbstverwaltung ihrer eigenen Krankenversicherung gezielt geschwächt. Aber das war ja auch der Sinn der Übung“, ist Hämmerle überzeugt. Außerdem sieht der AK-Präsident durch den wachsenden Verwaltungsmoloch in Wien ein Langzeitproblem für die Versicherten im Ländle. Das neue System sei zu schwerfällig, ziehe immer mehr Kompetenzen in die Bundeszentrale ab und könne nicht ausreichend auf lokale bzw. regionale Bedürfnisse reagieren. Das sieht auch ÖGK-Landesstellenleiter Manfred Brunner so. Verschärft werde dieses Problem durch den Umstand, dass es in der neuen ÖGK keine relevanten Mitbestimmungsmöglichkeiten der Ländervertreter in den Bundesgremien gebe, so Brunner.
Zentralistischer Beamten-Führungsstil
„Es ist wohl kein Zufall, dass jene vier früheren Spitzenbeamten, die die Regierung in Sachen Kassenreform beraten haben, jetzt mit maximaler Machtfülle ausgestattet an der Spitze der Wiener Generaldirektionen der Sozialversicherungsträger sitzen“, stellt der AK-Präsident verärgert fest. In der ÖGK herrsche seit der Fusion ein ausgesprochen zentralistisch ausgerichteter Beamten-Führungsstil, der Entscheidungsbefugnisse bis ins kleinste Detail an sich ziehe. Wichtige Ansprechpartner für die Versicherten, für die Vertragspartner und die Dienstgeber vor Ort seien entweder abgeschafft oder zu Erfüllungsgehilfen oft realitätsferner zentralistischer Vorgaben degradiert worden.
„Unsere Befürchtungen und Bedenken in Bezug auf die Kassenreform bestätigen sich zusehends und werden zur traurigen Wahrheit“, sagt Hämmerle, der die Rückkehr zu einem regionalen Weg fordert: „Das beste im Interesse der Versicherten wären die von uns schon vor Jahren vorgeschlagenen Landes-Gesundheits-Servicezentren mit einer straff organisierten Dachorganisation.“ Diese könnten gezielt und schnell auf Erfordernisse im Land reagieren und es würde wieder im Land entschieden, was mit den erwirtschafteten Versicherungsbeiträgen passiert, ist der AK-Präsident überzeugt.
„Was es umgehend braucht, sind mehr Kompetenzen und Gestaltungsspielräume für die Mitarbeiter sowie die Entscheidungsträger der ÖGK-Landesstellen vor Ort“, so Brunner abschließend.
Vorarlberg wird bis 2035 zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder – so das ehrgeizige Ziel im Ländle. Eine aktuelle Studie der AK Vorarlberg zeigt, dass dies durchaus zu schaffen ist, wenn das Wohl der Kinder im Zentrum der Überlegungen steht. „Wir müssen und wollen den Kindern eine Stimme geben“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle. Dafür gilt es jetzt die notwendigen Schritte zu setzen. Die Studie liefert dazu die Grundlagen.
Bislang lag der Schwerpunkt zum Thema Kinderbetreuung überwiegend auf ökonomischen oder arbeitsmarktbezogenen Faktoren. In den vergangenen Jahren ist ein neuer stärkerer Fokus auf das Wohl des Kindes in Hinblick auf Chancengerechtigkeit, Kinderrechte, Kinderschutz und Wohlbefinden entstanden. Mit diesen unterschiedlichen Perspektiven sind deshalb auch unterschiedliche Interessen und Anspruchshaltungen an den Bereich der frühen Bildung verknüpft. „Investitionen in eine qualitativ hervorragende Betreuung und Bildung in den ersten Lebensjahren gehören zum Besten, was wir als Gesellschaft tun können“, stellt AK-Präsident Hubert Hämmerle fest.
AK gibt Kindern eine Stimme
„Mit der heute präsentierten Studie möchte die AK Vorarlberg den Kindern eine Stimme geben“, freut sich AK-Präsident Hubert Hämmerle, dass die AK für diese Forschungsarbeit die renommierte Sozialwissenschafterin Dr.in Eva Häfele gewinnen konnte, die schon in der Vergangenheit Forschungen zu diesem Thema durchgeführt hat. Hämmerle unterstreicht die grundlegende Bedeutung der ersten Lebensjahre für das weitere Leben und ist sich sicher: „Investitionen in die frühen Bildungsjahre bringen die höchste Rendite und sind auch die beste Prävention gegen spätere Erwerbsarmut.“
Gegenstand der Studie war die Betrachtung der ersten sechs Lebensjahre mit dem klaren Fokus auf das Wohl der Kinder. „Mit der Corona-Krise hat der Bereich der elementaren Bildung und Betreuung noch zusätzlich an Bedeutung gewonnen“, betont AK-Präsident Hubert Hämmerle und sieht Kinderbetreuungsinstitutionen sehr wohl als systemrelevant und „für ein reibungsloses Funktionieren unserer Wirtschaft und Gesellschaft als unverzichtbar“.
„Wir wollten wissen, was tatsächlich benötigt wird, um Kindern eine erfolgreiche, gesunde und chancenreiche Zukunft zu sichern – und zwar allen Kindern!“, erklärt Hämmerle seinen Anspruch an die Studie und ist überzeugt, dass die Ergebnisse einen umfangreichen Speicher an Handlungsempfehlungen bieten, die die Politik aufgreifen sollte, um 2035 sagen zu können: „Ziel erreicht!“
Und das sollte sich nach Meinung der AK auch im neuen Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz, das noch heuer in Kraft treten soll, widerspiegeln. „Wir sind schon sehr gespannt, wie dieses Gesetz den Anspruch des Landes, chancenreichster Lebensraum zu sein, unterstützt und einen rechtlichen Rahmen gibt. Denn die Ausgestaltung dieses Gesetzes wird entscheiden, welche Maßnahmen tatsächlich gesetzt werden können“, zeigt sich Hämmerle überzeugt, dass dem rechtlichen Konstrukt ein inhaltlicher Bildungsplan folgen muss.
Wohl der Kinder im Fokus
„Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus über 50 Fachgesprächen können sehr gut für die weitere Entwicklung der frühkindlichen Bildung aber auch für die Ausgestaltung gesetzlicher, inhaltlicher und finanzieller Rahmenbedingungen dienen“, erläutert Dr.in Eva Häfele einen wesentlichen Output der Studie. „Sämtliche aus dieser Forschungsarbeit abzuleitenden Handlungsempfehlungen sehen den Fokus im Wohl des Kindes und der Chancengerechtigkeit“, so die Studienautorin, die auch einen Paradigmenwechsel von der Kinderbetreuung hin zur Kinderbildung – nicht nur aus Sicht der internationalen Forschung, sondern auch aus den geführten Fachgesprächen – sieht.
Frühe Bildung als Fundament
Für Häfele ist unabdingbar, dass auf Ebene der Gesetze als auch auf Ebene der Träger eine Orientierung auf das Wohl der Kinder stattfinden muss. „In allen Entscheidungen und Maßnahmen muss die Vorrangigkeit des Wohls der Kinder berücksichtigt werden, denn ihre Bedürfnisse sind untrennbar mit Diversität oder Vielfalt verknüpft“, stellt Häfele fest. Für sie ist es auch notwendig, die Interessen und Anliegen der Kinder in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit in den Vordergrund zu stellen.
Um die Bedeutung der frühen Bildung vor allem in Hinblick auf Chancengerechtigkeit zu steigern, sind Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen zu setzen und es ist unerlässlich, „die Elementarpädagogik als gleichwertigen Bildungsbereich und die frühe Bildung als Fundament der Bildung im öffentlichen Bewusstsein zu verankern“, so Häfele, die auch nachdrücklich betont, dass das in Ausarbeitung befindliche Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz für die kommenden Jahrzehnte die Vorarlberger Landschaft der elementarpädagogischen Einrichtungen prägen wird.
Neues Gesetz und Elementarer Bildungsplan
Das Gesetz benötige laut Häfele einen klaren und erkennbaren Fokus auf das Wohl der Kinder, auf die Chancengerechtigkeit, die Sicherstellung und Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität, auf eine Aus- und Fortbildung, die am Stand der elementarpädagogischen Forschung und Didaktik ausgerichtet ist, sowie ein Förderwesen, das den Ansprüchen der Diversität und Inklusion in allen Bereichen Rechnung trägt.
In diesem Zusammenhang stellt Häfele als Erkenntnis aus den Fachgesprächen fest, dass bislang nur einige Fachpersonen aus dem Bereich der frühen Bildung direkt eingebunden waren. „Eine stärkere Einbeziehung und Berücksichtigung der Erfahrungen und des Wissens von Personen aus der Praxis sollte auch für andere Gesetzesprozesse gelten, die Auswirkungen auf Arbeitspraxis und Alltag haben“, so Häfele und sieht auch die Einbindung der kommunalen Verwaltungen als sinnvoll, da sie in der Vollziehung eine gestaltende Rolle haben und daher ihre Ressourcen berücksichtigt werden müssen.
„Wir brauchen aber nicht nur ein wegweisendes Gesetz“, erklärt Dr.in Häfele, „sondern auch einen Umsetzungsplan, der den gesetzlichen Rahmenbedingungen folgt und mit verbindlichen Inhalten füllt.“ Sie begrüßt den Vorschlag der AK nach einem Elementaren Bildungsplan Vorarlberg, der unter Federführung der Marke Vorarlberg und mit Einbindung aller relevanten Stakeholder entwickelt und umgesetzt werden könnte.
Soziale Staffelung oder kostenfrei?
Von über 15.000 Kindern in Vorarlberger Einrichtungen haben 2019 nur 327 von der sozialen Staffelung profitiert. Eine angepasste Gestaltung der sozialen Staffelung ist ein weiterer wichtiger Schritt zur finanziellen Entlastung der Eltern. „Die soziale Staffelung sollte in den Kostenbeiträgen für die Mittagsverpflegung und für die Nachmittagsbetreuung in den elementarpädagogischen Einrichtungen berücksichtigt werden. Die Kosten dieser Angebote sind derzeit nicht sozial gestaffelt und viele Eltern können es sich nicht leisten, sie in Anspruch zu nehmen“, empfiehlt Häfele eine rasche Überarbeitung der sozialen Staffelung unter Einbeziehung von Fachpersonen, die in den Gemeinden mit der Umsetzung betraut sind.
Der nächste konsequente Schritt nach einer sozialen Staffelung wäre die Kostenfreiheit. „Damit würde die frühe Bildung für möglichst viele Familien finanziell leistbar und elementare Bildung wird tatsächlich zu einer anerkannten Säule des Bildungssystems“, sind sich AK-Präsident Hämmerle und Dr.in Eva Häfele einig.
Verpflichtende kommunale Bedarfsplanung
Aus Sicht der Studienautorin sollten künftig anstatt Bedarfserhebungen Bedarfsplanungen durchgeführt werden, die auf demografischen Daten in den relevanten Alterskohorten, der Zu- und Abwanderung sowie sozioökonomischer Daten und sozialer Indikatoren aufbauen. Ausgezeichnete Datengrundlage dafür sieht sie in der „Sozialberichterstattung aus einem Guss“, die vom Land 2020 erstmals veröffentlicht wurde und vor Kurzem in einer aktuellen Version zur Verfügung steht. „Wie in anderen Ländern auch, sollte daher auch in Vorarlberg eine kommunale Bedarfsplanung als Grundlage für die Planung der Entwicklungen in der frühen Bildung eine Standardmaßnahme sein“, so Häfele und wünscht sich dafür eine klare Berücksichtigung im neuen Gesetz und eine inhaltliche Ausgestaltung im Bildungsplan.
Kommunale und regionale Kooperationen
Eine Empfehlung aus der Studie ist auch das Recht aller Kinder auf einen gesicherten Platz in einer Einrichtung und dies unabhängig vom Wohnort und der Erwerbstätigkeit der Eltern, Mutterschutz oder Karenz. „Um dies zu erreichen, müssen in einem vorarlbergweiten Prozess Lösungen angestrebt werden, die auch die Ressourcen der Gemeinden und deren Interessen berücksichtigen“, erläutert Dr.in Eva Häfele und empfiehlt vor allem in der Betreuung der Null- bis Dreijährigen die Möglichkeiten für Gemeindekooperationen und regionale Zusammenschlüsse genau zu analysieren.
„Es gibt bereits eine gute Studie aus dem Jahr 2009, die Hindernisse und förderliche Faktoren für Gemeindekooperationen im Bereich der frühen Bildung identifiziert hat sowie klare Handlungsempfehlungen enthält“, so Häfele und verweist darauf, dass der Befund dieser Studie weitgehend dem Befund der Fachgespräche der aktuellen Studie entspricht. „Jetzt geht es darum, dass diese Erkenntnisse auch ernst genommen und in Maßnahmen umgesetzt werden.“
Dem Fachkräftemangel begegnen
„Bereits jetzt ist die Personalsuche eine große Herausforderung und wird in den kommenden Jahren noch stark zunehmen, wenn keine entgegensteuernden Maßnahmen in die Wege geleitet werden“, spricht Eva Häfele einen weiteren zentralen Punkt der Studie an. Für das pädagogische Personal braucht es Rahmenbedingungen für ein gutes Arbeiten, eine angemessene Entlohnung, ausgewiesene Karrierepfade, eine den wachsenden Anforderungen angepasste Ausbildung sowie Fortbildungsangebote, die ein vielfältiges Wissensfeld abdecken.
Laut Häfele sollte auf Bundesebene eine langjährige Forderung von Expertinnen und Experten – nämlich der Umbau des Ausbildungssystems – angestrebt werden, mit dem Ziel einer tertiären Ausbildung für Elementarpädagogik und der Anerkennung entsprechender tertiärer Ausbildungen, um in frühpädagogischen Einrichtungen tätig sein zu können. Durch eine modulare Weiterbildung sollte durch Zusatzqualifikationen dann das Niveau eines BAfEP-Abschlusses erreicht werden.
„Ohne Maßnahmen wie diese, wird es schwer sein, genügend qualifiziertes Personal im Bereich der frühen Bildung zur Verfügung zu haben“, gibt Häfele zu bedenken und stellt auch klar: „Gegen die oft gehörte Meinung, dass für das Spielen und Basteln mit Kindern keine hochqualifizierten Mitarbeiterinnen notwendig sind, stehen genügend Erkenntnisse aus der Wissenschaft, die klar zum Ausdruck bringen, welchen positiven Effekt qualitativ hochstehende Frühbildung auf den gesamten Bildungs- und Erwerbsverlauf hat.“
„Die vorliegende Forschungsarbeit bietet noch viele weitere Themenfelder für Maßnahmen“, verweist Eva Häfele auf die ausführlich dokumentierten Empfehlungen der Studie. Insbesondere erwähnt sie hier die Qualitätsdimensionen der frühen Bildung, aber auch das Thema Kinderschutz.
Eva Häfele stellt klar, dass die in der Studie erarbeiteten Empfehlungen ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit im Zugang zur Bildung und zum Bildungswesen darstellen. „Es geht auch um die soziale Teilhabe, die erst durch eine gerechte Bildungsteilhabe ermöglicht wird“, so Häfele.
Hauptverantwortung liegt beim Bund
AK-Präsident Hämmerle sieht in der Bundesregierung den größten Verantwortungsträger und fordert mit Blickrichtung Wien eine rasche Aufstockung der Finanzierung und Umsetzung jahrelanger Forderungen im Ausbildungs- und Qualifizierungsbereich, um dem Fachkräftemangel proaktiv zu begegnen, damit der Ausbau der Kinderbildung, die Ausweitung der Öffnungszeiten und die Optimierung der Betreuungsschlüssel überhaupt möglich sind. „Eine deutliche Erhöhung der Mittel ist auch dringend notwendig, um ein qualitativ hohes Niveau sicherzustellen“, betont Hämmerle und stellt klar, dass der Bund bei Kindern nicht sparen darf, „denn wie ernst es die Bundesregierung mit den Kindern wirklich meint, sehen wir auch daran, was sie bereit ist in sie zu investieren.“
„Die politische Verantwortung für die Sicherstellung von Chancengerechtigkeit liegt in erster Linie ganz klar beim Bund und erst in Folge bei den Ländern und Gemeinden. Kinder können sich nicht aussuchen, in welche Familien sie hineingeboren werden. Der Staat muss sicherstellen, dass die Herkunftsfamilie bei den Bildungs- und Lebenschancen für das Kind keine negative Rolle spielt.“
Nicht nur das Headquarter des Digital Campus Vorarlberg im frisch bezogenen „Schaffarei“-Haus in Feldkirch ist neu. Auch seiner Vorreiterrolle in Sachen Digitalisierung im Ländle wird der Digital Campus Vorarlberg voll gerecht: „Im Rahmen von Digital Pioneers, einem digitalen Jahr mit geförderter Ausbildung und bezahlter Praxis bei Firmen wie Blum oder Hirschmann, lernen zwölf junge Frauen gefragte Skills für den Start in eine Karriere im digitalen Bereich“, freut sich AK-Präsident Hubert Hämmerle. Im Anschluss gleich das nächste Highlight – der Digital Campus holt das Master-Studium „Digitale Kommunikation und Marketing“ in Zusammenarbeit mit der FHWien der WKW nach Vorarlberg.
Einen praxisorientierten Einblick in die Arbeitswelt der Zukunft – das bietet das Pilot-Projekt „Digital Pioneers“ Frauen zwischen 17 und 27 Jahren. Zwölf von ihnen starten im September ihre achtwöchige Grundausbildung am Digital Campus Vorarlberg.
Denn ein digitales Arbeitsumfeld fordert von Arbeitnehmer*innen entsprechende Fähigkeiten. Der unaufhaltsame Trend der Digitalisierung macht es laut Landesrat Marco Tittler notwendig, dass der Zugang zu mehr digitalen Kompetenzen nicht nur direkt in die Unternehmen, sondern auch gesamtheitlich für die Bevölkerung leichter ermöglicht werde: „Zur breiteren Bewusstseinsbildung für die Bedeutung und das Ausmaß dieses globalen Megatrends müssen digitales Lernen und digitale Kompetenzen über alle Altersgruppen hinweg vermittelt werden.”
Die AK Vorarlberg hat mit Digital Pioneers eine bundesweite Initiative im Rahmen der sozialpartnerschaftlichen Plattform Industrie 4.0 angestoßen: Zusätzlich zu einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr soll es für junge Menschen zukünftig auch ein digitales Jahr geben. Nach der Pilotphase soll es in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien auf ganz Österreich ausgerollt werden.
Grundausbildung, Praxis: Bezahlt und versichert
Auf die Grundausbildung folgt eine achtmonatige Praxisphase bei einem der teilnehmenden Partnerunternehmen. Julius Blum GmbH, Hirschmann Automotive, solution sales AG, Huber Holding AG, Identec Solutions und Künz GmbH. „Dort wirken die Teilnehmerinnen in zukunftsweisenden Digitalprojekten mit“, erklärt dazu AK-Präsident Hämmerle.
Im Mittelpunkt der Ausbildung steht die Vermittlung von Skills wie Coding, Design, Kreativitätstechniken und Marketing. Einen großen Stellenwert haben aber auch soziale Kompetenzen wie Teamwork, Präsentations- und Kommunikationsfähigkeiten. Während der gesamten Zeit sind die Teilnehmerinnen versichert und erhalten ein Entgelt. Die Kosten dafür tragen der Digitalisierungsfonds der Bundesarbeitskammer sowie die teilnehmenden Unternehmen. Sogar ein Kollektivvertrag wurde eigens für das Digital Pioneers Programm verhandelt und abgeschlossen.
„Mit den Digital Pioneers wird das Angebot an digitalen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten um eine weitere Ebene erweitert. Gleichzeitig wird für junge Menschen eine interessante Möglichkeit geschaffen, sich weiterzubilden und dabei wertvolle Praxiserfahrung zu sammeln. Diese Kombination macht das Digital Pioneers Programm einzigartig und generiert für die Teilnehmerinnen sowie für die Netzwerkpartner*innen einen besonderen Nutzen”, so Landesrat Tittler.
MINT-Berufe in den Fokus
Für AK Präsident Hämmerle hat das Projekt eine strategische Bedeutung im Kampf gegen den Fachkräftemangel: „Wir müssen viel mehr tun, um vor allem auch junge Frauen für die neu entstehenden Berufsanforderungen fit zu machen. Wenn Vorarlberg als Industrieregion Zukunft haben soll, dann müssen wir unser großes Potenzial an fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befähigen, sich in den digitalen Zukunftsberufen zurechtzufinden.“
Mädchen besuchen überproportional Schulen im Bereich Soziales, Gesundheit und Wirtschaft, während Berufsschulen zu zwei Dritteln von Burschen favorisiert werden. Diese Schwerpunktverteilung ist für Hämmerle ein wesentlicher Grund für die mangelnde Attraktivität technischer Berufe für Frauen.
Darum sollen im Pilotprojekt in einem ersten Schritt junge Frauen darin bestärkt werden, eine Karriere im MINT-Bereich zu starten. Später soll das Programm auch für junge Männer geöffnet werden.
Master-Studienprogramm „Digitale Kommunikation und Marketing“
Rund 200 Studierende nutzen das Studienangebot des Digital Campus Vorarlberg bereits. Mit dem Master-Studienprogramm (MSc) „Digitale Kommunikation und Marketing“ gibt es ab Herbst 2021 ein weiteres Highlight in Kooperation mit der FHWien der WKW. „Aufgrund der Unmenge visueller und digitaler Inhalte ist der Bedarf an Marketing- und Kommunikationsexpert*innen enorm gestiegen. Keine Firma, kein Produkt, keine Person kommt mehr ohne digitale Inhalte und Kommunikation aus“, sagt Eva King, Geschäftsführerin des Digital Campus Vorarlberg. „Mit dem neuen Studienprogramm schaffen wir ein Bildungsangebot, welches diese Entwicklung würdigt.“
Fit für die Digitalisierung
Die praxisbezogene, berufsbegleitende Weiterbildung richtet sich speziell an Absolvent*innen IT-ferner Studienrichtungen, zum Beispiel aus dem Bereich der Betriebswirtschaftslehre oder Kommunikation. Durch die von Grund auf vermittelten IT-Kenntnisse in Kombination mit Inhalten wie Marketing, Kommunikation und Sales eröffnet der Studiengang zahlreiche Karrierechancen in einem immer komplexeren, digitalen Arbeitsumfeld.
Das in Österreich einzigartige Master-Programm umfasst vier Semester. Es besteht aus mehreren Modulen und schließt mit einer Masterarbeit sowie mit einer Masterprüfung ab.
Alle verpflichtenden Präsenztermine (im 1. Studienjahr die Prüfungstermine, im 2. Studienjahr Lehrveranstaltungsblöcke) finden am Digital Campus Vorarlberg in Feldkirch statt und sind zeitlich für berufsbegleitendes Studieren optimiert. Der Campus im neuen „Schaffarei“-Haus der AK Vorarlberg steht allen Studierenden offen, um sich auch außerhalb der Unterrichtszeiten auszutauschen und gemeinsam zu lernen.
Ebenfalls im September 2021 startet das zweisemestrige online Programm "Akademischer Experte / akademische Expertin Informatik und Management". Hier werden zentrale und aktuelle Kompetenzen aus der IT für TeilnehmerInnen mit einem wirtschaftlichen Hintergrund aus Praxis oder Studium auf Hochschulniveau vermittelt.
DI Wolfgang Vrzal, MBA, Leiter des Zentrums für Akademische Weiterbildung an der FHWien der WKW, zeigt sich erfreut über die Zusammenarbeit: „Der Digital Campus als Zentrum für digitale Weiterbildung in Vorarlberg ist für uns der ideale Partner bei diesem Studienprogramm. Uns verbindet die ausgezeichnete Verankerung in den Unternehmen, der Einsatz modernster Technologien und die kompromisslose Verpflichtung zu höchster Qualität zum Wohl der Studierenden. Der Digital Campus ist für uns ein Kompetenzzentrum für Digitalisierung und im Marketing. In Zukunft werden wir zusammen weitere akademische Lehrgänge entwickeln, um das Bildungsangebot durch innovative Studienprogramme in Vorarlberg ausbauen zu können.“
Weitere Studienprogramme mit der FHWien der WKW
Für die Zukunft sind weitere gemeinschaftliche Studienprogramme des Digital Campus Vorarlberg und der FHWien der WKW geplant: Bereits ab 2022 wird es eigens entwickelte akademische Weiterbildungen für Digital Change Management und Innovation Engineering sowie Digital Business in Vorarlberg geben. Eva King, die Geschäftsführerin des Digital Campus Vorarlberg, freut sich auf eine enge Zusammenarbeit: „Die FHWien der WKW ist die führende Fachhochschule für Management und Kommunikation. Mit ihr haben wir eine starke Partnerin gewonnen, um gemeinsam Studienprogramme zu entwickeln, die Fachkräfte auf künftige Anforderungen in der Arbeitswelt ideal vorbereiten.“
AK-Stipendium: Bis zu 50 Prozent Förderung
Damit Bildung für alle leistbar ist, erhalten AK-Mitglieder bis zu 50 Prozent Ermäßigung auf die Kooperations-Lehrgänge und viele weitere Lernangebote des Digital Campus Vorarlberg.
Neues Headquarter in der „Schaffarei“
Das neue Headquarter des Digital Campus Vorarlberg befindet sich seit Kurzem in der „Schaffarei“. Mitten im Zentrum von Feldkirch hat die AK Vorarlberg das legendäre ehemalige Jugendzentrum „Graf Hugo“ zu einem Haus für Arbeitskultur umgebaut. Hochmodern ausgestattete Kursräume und verschiedene Break-Out-Zonen bieten viel Raum zum gemeinsamen Lernen und Arbeiten.
Think Tank und Campus Feeling
Neben Kursräumen beinhaltet das Gebäude am Standort Widnau 10 auch einen gesellschaftspolitischen Think Tank. Das macht das „Schaffarei“-Haus in erster Linie zu einem sozialen Treffpunkt. Im Rahmen verschiedener Formate und Veranstaltungen kommen unterschiedliche Menschen zusammen, um gemeinsam über Erfolge, Misserfolge und Zukunftsträume in der Arbeitswelt zu reflektieren.
Zu einer entspannten Campus-Atmosphäre trägt auch die Gastronomie „Kuche&Klub“ bei. Beim Konzept setzt Szenegastronom Daniel Schweighofer auf eine Mischung aus Weltoffenheit, urbanem Charme und Qualität. Mit einem Mix aus Bar, Café und Restaurant möchte er einen Ort schaffen, an dem sich jeder willkommen fühlt und gerne verweilt. Neben Kulinarik wird man im zugehörigen Nachtclub auch bald kulturelle Angebote wie Poetry Slams oder Kabarett genießen können. Oder einfach nur ein „Firobad“-Bier bei guter Musik.
Die schwierigste Arbeit langzeitarbeitsloser Menschen ist die Arbeit, eine Arbeit zu finden! „Mehr als 3.000 Menschen in Vorarlberg werden in den nächsten Jahren keine Chance haben, einen Arbeitsplatz zu finden. In Österreich sind es insgesamt über 170.000“, beschreibt AK-Präsident Hubert Hämmerle die unerfreuliche Situation, die sich in der Corona-Krise noch einmal deutlich verschärft hat. Aufgrund des konjunkturellen Abschwunges im Zuge der Covid-Krise sind viele Menschen derzeit chancenlos, am ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Zudem zählen das Alter, gesundheitliche Beeinträchtigungen und fehlende formale Bildungsabschlüsse zu den Faktoren, die den Umstieg von der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung enorm erschweren. „Was wir dringend brauchen, ist ein Masterplan des Bundes sowie einen erweiterten Arbeitsmarkt, der Langzeitarbeitslosen dauerhafte berufliche Perspektiven bietet“, erklärt Hämmerle.
Wir erleben seit Jahren eine Spaltung des Arbeitsmarktes: Einerseits in einen dynamischen Teil mit weiter wachsenden Anforderungen an die Qualifikationen und die Flexibilität der dort nachgefragten Arbeitnehmer/innen. Ihnen gegenüber stehen immer mehr Langzeitarbeitslose, die in absehbarer Zeit auf Grund mehrfacher Vermittlungshemmnisse nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. „Dieser Vorgang ist bemerkenswert, weil sich zeigt, dass auch unter verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine nicht unerhebliche Zahl von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen keine realistische Chance auf eine Integration in den regulären Arbeitsmarkt hat“, stellt Hämmerle fest.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich in Vorarlberg innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt. Waren im Jänner 2020 noch 711 Personen mehr als ein Jahr arbeitslos, so waren es im Jänner 2021 bereits 1922 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger. Das ist in diesem Zeitraum der mit Abstand stärkste Anstieg im Bundesländervergleich. Österreichweit sind über 171.000 Menschen länger als ein Jahr auf Jobsuche. Noch nie waren es so viele und es könnten noch deutlich mehr werden.
In Wirklichkeit ist diese Zahl jedoch noch viel höher. Dann nämlich, wenn man alle Menschen dazuzählt, die über Jahre im Vermittlungs-Ping-Pong des AMS hängen bleiben. Also jene, die trotz Schulungen, temporären Arbeitsaufnahmen oder anderen Maßnahmen nicht nachhaltig am Arbeitsmarkt integriert werden können. „Zusammen sind das dann über 3.100 Menschen in Vorarlberg, jeder fünfte Arbeitslose ist mittlerweile langzeitbeschäftigungslos“, zeigt der AK-Präsident auf.
Vielschichtige Gründe
Die Chancen von Langzeitarbeitslosen sich am regulären Arbeitsmarkt dauerhaft zu integrieren waren schon vor der Corona-Krise sehr gering und gehen aufgrund der aktuellen Situation gegen null. Geringe Qualifikation, gesundheitliche Probleme und hohes Alter sind schwer oder nicht überwindbare Hürden bei der Arbeitssuche. Mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen sind über 45 Jahre alt, die größte Gruppe bilden die 55- bis 59-Jährigen (627 Personen).Besonders problematisch ist die Langzeitbeschäftigungslosigkeit bei Unter-25-Jährigen. „Sie haben ihr Leben lang ein höheres Risiko, ihren Job zu verlieren. Wenn sie einen haben, verdienen sie relativ gesehen weniger als andere und ihr Gesundheitszustand ist generell schlechter“, sagt Hämmerle.
Hohe Kosten
Langzeitarbeitslosigkeit ist nicht nur menschlich eine Katastrophe, sondern auch wirtschaftlich ein Problem. Die Finanzierung von Arbeitslosigkeit erfordert beträchtliche Summen, die produktiver investiert werden könnten. Der Sozialversicherung entgehen spürbare Beitragseinnahmen und mehr Arbeitslose mit einem auf die Hälfte reduzierten Einkommen schwächen vor allem die Nachfrage und somit die Konjunktur.
Wie sich zeigt, kann der Privatsektor allein das Problem nicht lösen. Auf eine offene Stelle kommen derzeit fast zehn Arbeitslose. Würden allerdings die Mittel, die bisher für die Finanzierung von Langzeitarbeitslosigkeit ausgegeben werden, um eine einzige Milliarde Euro aufgestockt, könnten damit mehr als 100.000 produktive Jobs im öffentlichen Bereich entstehen.
Das Recht auf Arbeit muss und kann öffentlich finanziert und umgesetzt werden. Die menschlichen Folgen der Arbeitslosigkeit sind bekannt und wurden durch die AK Vorarlberg in den letzten Wochen immer wieder hervorgehoben. „Es ließen sich gezielt jene öffentlichen Dienstleistungen forcieren, die wir in Zukunft dringend brauchen. Vor allem in der Pflege besteht ein riesiger Bedarf“, so Hämmerle. Möglich wären auch administrative Dienste in Schulen, im Energiesparbereich, bei der Bekämpfung der Klimakrise usw. Klar ist: Es sollen in diesen Bereichen nur Jobs geschaffen werden, die nicht ohnehin entstanden wären.
Eine derartige Jobgarantie würde bei kluger Ausgestaltung auch dem Klima nützen und den nötigen Strukturwandel hin zu einer emissionsfreien Ökonomie fördern. Warum die Bundesregierung ein solches Beschäftigungsprogramm nicht längst gestartet hat, ist unverständlich. „Ein Heer von Chancenlosen können wir uns als Gesellschaft nicht leisten. Zu hoch wäre der Preis – menschlich wie wirtschaftlich“, ist Präsident Hämmerle überzeugt. Deshalb brauche es dringend einen Masterplan der Regierung.
Aktive Arbeitsmarktpolitik und zweiter Arbeitsmarkt greifen zu kurz
Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik wie Förderungen oder Qualifizierungen versuchen Arbeitssuchende zu unterstützen und zu aktivieren, um den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen. Das soll auch über Maßnahmen, die dem so genannten zweiten Arbeitsmarkt zugeordnet werden, erreicht werden (Sozialökonomische Betriebe).
Eines ist diesen Maßnahmen gleich – sie sind zeitlich begrenzt. Bleibt der Erfolg, also eine Integration am regulären Arbeitsmarkt – aus, geht es wieder zurück in die Arbeitslosigkeit. „Wir wissen, dass 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen in diesem Vermittlungs-Ping-Pong feststecken“, schildert AK-Direktor Rainer Keckeis den aktuellen Zustand. Gleichzeitig ist die Zahl der mehr als fünf Jahre lang arbeitslosen Personen seit 2012 ungebremst auf das mittlerweile Fünffache gestiegen (knapp 24.000 österreichweit).
Die AK Vorarlberg setzt hier bereits an und hat zusammen mit dem AMS ein neues Pilotprojekt auf die Beine gestellt: Zukunft Neu Denken. Im Rahmen dieser Maßnahme können Langzeitarbeitslose abseits zeitlicher Restriktionen der Beratung und Betreuung gemeinsam mit den Experten der AK-Bildungsabteilung einen maßgeschneiderten Fahrplan zurück in den Arbeitsmarkt erarbeiten und umsetzen. Allerdings: Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, der zweite Arbeitsmarkt oder auch Initiativen wie „Zukunft Neu Denken“ schaffen nur wenige oder gar keine zusätzlichen Jobs.
Erweiterter Arbeitsmarkt = ChancenMarkt
Ein erweiterter Arbeitsmarkt soll als „ChancenMarkt“ neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose schaffen. Nämlich dauerhafte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Menschen, die zwar eine grundsätzliche Beschäftigungsfähigkeit aufweisen, aufgrund bestimmter Einschränkungen am Arbeitsmarkt aber nicht Fuß fassen können. Notwendig wären im Ländle rund 1.000 solcher Arbeitsplätze. Finanzierung von Beschäftigung statt Finanzierung von Arbeitslosigkeit ist dabei die Devise.
Beispiele für solche Maßnahmen gibt es bereits: Die hohe Zufriedenheit der Beteiligten der „Aktion 20.000“ und das in der Evaluierung festgestellte Potential von geförderter Beschäftigung im gemeinnützigen und öffentlichen Bereich sind fundierte Grundlagen für eine Weiterentwicklung von längerfristigen Beschäftigungsangeboten. Als logische Folge entstand das AK-Modell zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, die „Chance 45“, ein langfristiges Beschäftigungsmodell. Inspiration kann auch aus dem Schweizer „DOCK-Modell“ gezogen werden, bei dem passive Sozialleistungen (Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung) in aktive Mittel zur Förderung von Beschäftigung umgewandelt werden. In Niederösterreich wird mit dem „Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal – MAGMA“ eine gesicherte und langfristige Beschäftigung für alle Menschen garantiert und evaluiert.
Diesen Projekten, Ideen und den daraus gezogenen Erkenntnissen muss unbedingt mehr Aufmerksamkeit gewidmet und die Dringlichkeit der großflächigen Umsetzung erkannt werden. Der neue Arbeitsminister Kocher steht in der Verantwortung, allen Arbeitslosen eine Perspektive auf ihr Recht auf Arbeit zu gewährleisten!
Die Eckpunkte eines möglichen Ländle-Pilotprojekts „ChancenMarkt“ sehen laut AK-Direktor Keckeis folgendermaßen aus:
• Gründung eines Betriebes für den sogenannten dritten Arbeitsmarkt für vorerst 100 Dauerarbeitsplätze.
• Zugang für jene Personen, die nach einem Jahr in einem sozialökonomischen Betrieb (SÖB) immer noch keinen Arbeitsplatz haben und älter als 40 Jahre sind.
• Die Notstandshilfe oder die Mindestsicherung werden dem Betrieb als Grundsubvention zur Verfügung gestellt.
• Die zugewiesenen Mitarbeiter werden nach Kollektivvertrag entlohnt und zahlen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern.
• Der Betrieb muss keine Vermittlungstätigkeit, Umschulung oder Sozialbetreuung anbieten – im Vordergrund steht die Chance zu einer sinnerfüllenden Arbeit.
• Der Betrieb bietet Tätigkeitsfelder an, die am Markt vorhandene private Betriebe nicht abdecken, und/oder übernimmt Aufgaben, die von heimischen Firmen ins Ausland verlagert werden.
• Die Dauer der Beschäftigung ist nicht limitiert, was vor allem für Menschen wenige Jahre vor dem möglichen Pensionsantritt besonders wichtig ist.
Was darf es kosten?
Die höheren Kosten durch eine staatlich finanzierte Beschäftigung sind überschaubar. Das liegt vor allem an den möglichen Einsparungen bei der Notstandshilfe sowie durch Rückflüsse aus den höheren Einkommen durch erhöhte Konsumausgaben und Sozialversicherungsbeiträgen. Prognosen gehen bei einem Potenzial von 150.000 Langzeitarbeitslosen von 0,68 bis 1,34 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten pro Jahr aus.
Politische Forderungen
• Masterplan des Bundes für den nachhaltigen Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit
(Bundesweite Verantwortung – lokale Umsetzung)
• Zielgruppenspezifische Beschäftigungsprojekte
(dienen gleichzeitig als nachfrageseitige Konjunkturspritze, fördern Gemeinwohlaspekte)
• Ausdehnung der Ausbildungspflicht auf die Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen
• Mehr Ressourcen für das AMS
• Erhöhung des Arbeitslosengeldes – Nettoersatzrate von 70 Prozent
AK-Präsident
AK-Vizepräsidentin
AK-Vizepräsident
AK-Präsident
AK-Präisdent seit 2006. Hubert Hämmerle ist als AK-Präsident auf dem Boden geblieben. In diesem Amt den Kontakt mit den Menschen zu suchen, ihre Sorgen und Anliegen zu erfahren, ist für Hubert Hämmerle Charakterfrage. „Mit Reda kond d’Lüt zämma“ ist sein Motto und von sich selbst sagt er: „Ich bin gern was ich bin – Arbeitnehmervertreter. Weitere politische Positionen strebe ich nicht an.“
AK-Vizepräsident
AK-Vizepräsident seit 2011. Der gelernte Werkzeugmachineur ist Regionalgeschäftsführer der GPA-DJP Vorarlberg und Mitglied der GPA-Bundesgeschäftsführung sowie Vorsitzender der AAB-FCG-Fraktion in der Vollversammlung der AK Vorarlberg. Bernhard Heinzle bezeichnet sich als „Arbeitnehmervertreter aus und mit Leidenschaft“. Als Kollektivvertragsverhandler weiß er genau, wo den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land der Schuh drückt.