„Wir raten allen, welche die neuen Bestimmungen für die Langzeitversichertenregelung erfüllen und heuer noch in Pension gehen wollen, bis Frühjahr 2020 zu warten und bereits gestellte Anträge zurückzuziehen“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle. Die neue Langzeitversichertenregelung, die letzte Woche im Parlament beschlossen wurde und die eine abschlagsfreie Pensionierung nach 45 Versicherungs- und 62 Lebensjahren vorsieht, tritt nämlich erst mit 1.1.2020 in Kraft.
Das Parlament hat letzte Woche eine neue Regelung beschlossen, die vorsieht, dass Langzeitversicherte nach 45 Versicherungsjahren mit 62 abschlagsfrei in Pension gehen können. Das ist im Prinzip eine Rückkehr zur ehemaligen Hacklerregelung bzw. eine abschlagsfreie Korridorlösung.
Allerdings: Die neue Regelung tritt wie derzeit beschlossen erst am 1. Jänner 2020 in Kraft. Das heißt: Alle, welche die neuen Bestimmungen erfüllen und noch heuer in Pension gehen wollen, sollten sich das gut überlegen. Wir empfehlen, noch bis 2020 zuzuwarten bzw. bereits gestellte Anträge wieder zurückzuziehen“, sagt deshalb AK-Präsident Hubert Hämmerle und weiter: „Wer Fragen zu einer geplanten Pensionierung hat, kann sich gerne an unsere Sozialrechtsexperten wenden. Sie informieren und beraten Sie gerne.“
Erreichbar sind die Pensionsexperten der AK Vorarlberg unter der Telefonnummer 050/258-2200.
Nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei in Pension
Wer es auf 45 Arbeitsjahre bringt, soll ab 2020 ohne Abschläge in Pension gehen können. Wer profitiert von der neuen Regelung?
Wer 45 Jahre bzw. 540 Monate über der Geringfügigkeitsgrenze gearbeitet hat, soll künftig ohne Abschläge in Pension gehen dürfen – und zwar auch dann, wenn man vor dem Regelpensionsalter (Männer 65 Jahre, Frauen 60 Jahre) in den Ruhestand geht. Das hat der Nationalrat am 19. September 2019 beschlossen. Sofern der Bundesrat im Oktober zustimmt, tritt die Regelung mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Für die Betroffenen bedeutet das deutlich höhere Pensionszahlungen.
Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur geplanten Gesetzesänderungen für Sie zusammengefasst.
Wen betrifft die neue Regelung?
Nur Pensionsantritte ab dem 1. Jänner 2020 und nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 45 Arbeitsjahre hinter sich haben. Bis zu 5 Jahre bzw. 60 Monate können durch Zeiten der Kindererziehung ersetzt werden.
Welche Pensionsarten betrifft die Abschlagsfreiheit bei Vorliegen von 45 Arbeitsjahren?
Wie hoch sind die Abschläge derzeit bei diesen Pensionsarten?
Wie wird die Pensionshöhe ab 2020 berechnet?
Gehen Langzeitversicherte, SchwerarbeiterInnen oder invalide bzw. berufsunfähige Menschen ab 2020 vor dem Regelpensionsalter in Pension, werden keine Abschläge mehr abgezogen, wenn 45 Arbeitsjahre vorliegen.
Was ist, wenn weniger als 45 Arbeitsjahre vorliegen?
Selbst wenn im Extremfall 44 Jahre und 11 Monate vorliegen, werden die Abschläge wie bisher abgezogen. Zu empfehlen ist, den Antrag später zu stellen und noch die erforderlichen Versicherungsmonate zu erwerben – d.h. Sie müssten über der Geringfügigkeitsgrenze verdienen. Diese liegt 2019 bei 446,81 Euro pro Monat.
Zählen ausschließlich Arbeitsjahre?
Ich habe bereits 2019 45 Arbeitsjahre erworben – profitiere ich von der neuen Regelung?
Die neue Regelung tritt erst 2020 in Kraft. Wenn Sie schon im Jahr 2019 die 45 Arbeitsjahre erworben haben und die Voraussetzungen für die Langzeitversichertenregelung ab 62. Jahren, die Schwerarbeitspension oder die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension erfüllen, sollten Sie überlegen, Ihren Pensionsantritt bis 2020 aufzuschieben. So profitieren Sie lebenslang von einer höheren Pension.
Ich bin schon in Pension und habe 45 Jahre gearbeitet. Wird meine Pension neu berechnet?
Nein. Wenn Sie schon in Pension sind, betrifft Sie die neue Regelung nicht.
Ich habe 45 Arbeitsjahre und schon den Pensionsantrag gestellt. Was tun?
Wenn Sie noch keinen Pensionsbescheid bekommen haben, können Sie den Antrag zurückziehen und einen neuen mit Stichtag ab 1.1.2020 stellen.
Kann ich durch die neue Regelung früher als bisher in Pension gehen?
Nein, die bisherige Rechtslage ist davon nicht berührt.
Ein Beispiel:
Ein 61-jähriger Mann, der weder Schwerarbeiter noch invalid bzw. berufsunfähig ist, hat 2020 bereits 45 Arbeitsjahre erworben. Er kann nicht früher, sondern nach wie vor mit 62 Jahren auf Grund der Langzeitversichertenpension in Pension gehen. Sein Vorteil besteht darin, dass er bei einem Pensionsantritt mit 62 Jahren ab 2020 keine Abschläge mehr hat. Seine Pensionshöhe ist im Vergleich zur bisherigen Rechtslage um 12,6 % höher.
Was ist bei einem Schwerarbeiter, der erst mit 61 Jahren 45 Arbeitsjahre hat?
Beispiel: Ein Schwerarbeiter erfüllt mit 60 Jahren die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension, da er 45 Versicherungsjahre hat und in den letzten 20 Jahren vor Pensionsantritt 10 Jahre der Schwerarbeit erworben hat. 45 Arbeitsjahre hat er jedoch erst mit 61 Jahren, da er ein Jahr beim Bundesheer war.
Für ihn bedeutet die neue Regelung: Er kann nach wie vor mit 60 Jahren in Pension gehen. In diesem Fall hat er jedoch Abschläge von insgesamt 9 %. Geht er jedoch ab 2020 mit 61 Jahren in Pension, wenn er 45 Arbeitsjahre erworben hat, dann werden ihm keine Abschläge bei Pensionsantritt abgezogen und er profitiert von einer dementsprechend höheren Pension.
Bringt auch Frauen die neue Regelung was?
Frauen haben derzeit ein Regelpensionsalter von 60 Jahren. Das Pensionsalter wird jedoch für Frauen, die ab 2.12.1963 geboren sind, schrittweise angehoben. Für diese Frauen bringt die neue Regelung „nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei“ etwas. Wie stark sie von der Abschlagsfreiheit profitieren, hängt davon ab, wie stark ihr Regelpensionsalter schon an jenes der Männer angeglichen ist. Frauen, die ab dem 2.6.1968 geboren sind, haben bereits ein gleiches Regelpensionsalter wie Männer. Diese Frauen profitieren von der Abschlagsfreiheit nach 45 Arbeitsjahren im gleichen Ausmaß wie Männer ab 2020.
Gilt die Neuregelung auch für Beamtinnen und Beamte?
Nein, beschlossen wurde die Regelung nur für die Sozialversicherungsgesetze, d.h. für ArbeiterInnen und Angestellte, Bäuerinnen und Bauern sowie Selbstständige.